Kleiner Seifen-Crashkurs: Öle und Fette



Ein eigenes Seifenrezept zu erstellen macht Spaß und bietet unzählige Variationsmöglichkeiten.
Auch wenn man am liebsten gleich alle seine Lieblingsöle in der Seife unterbringen möchte, ist es für eine gute Seife sinnvoll, sich mit den Eigenschaften der Öle und Fette vertraut zu machen.
Ich schreibe meine Rezepte meistens sehr intuitiv, trotzdem beachte ich dabei einige Grundlagen, die ich Euch hier zusammenfassen möchte. 😉

Eine schöne Seife sollte fest, gut schäumend, pflegend und natürlich auch möglichst lange haltbar sein.
All diese Faktoren werden stark durch die Fett/Öl-Auswahl mitbeeinflusst.

Die Fettsäuren

Wir unterteilen die Gesamtfettmenge grob in feste und flüssige Fette.
Ein sehr ausgewogendes Verhältnis dieser beiden Gruppen wäre ein Anteil von jeweils 50% im Seifenrezept, wobei es sich hier nur um eine grobe Richtlinie handelt, die mit steigender Erfahrung durchaus verändert werden kann. 😁
Ob ein Fett/Öl fest oder flüssig ist, hängt von der Menge der gesättigten, bzw. ungesättigten Fettsäuren ab, die es enthält.


Feste Fette (gesättigte Fettsäuren)

Enthält ein Fett eine hohe Menge an gesättigten Fettsäuren, handelt es sich um ein festes Fett. 
Diese Fette sorgen für die Festigkeit der Seife.
Die drei großen Schaumfette Kokosöl, Babassuöl und Palmkernöl enthalten viel Laurinsäure und Myristinsäure, die für die Schaummenge und Reinigungskraft der Seife verantwortlich sind.
Andere feste Fette wie zum Beispiel Kakaobutter oder auch Sheabutter enthalten viel Stearinsäure und Palmitinsäure, die für die Schaumstabilität sorgen.
Feste Fette zählen zu den ranzstabilen Fetten, d.h. sie sind gut haltbar in der Seife.
Auch tierische Fette wie Schweineschmalz, Rindertalg usw. gehören zu dieser Gruppe.

Flüssige Fette (ungesättigte Fettsäuren)

Fette/Öle, die überwiegend ungesättigte Fettsäuren enthalten, sind flüssig und haben eine gute bis hervorragende Pflegewirkung auf die Haut, bringen jedoch auch weichere Seifen hervor (manche Öle mehr, andere weniger* 😉)
Ist der Anteil der einfach ungesättigten Fettsäuren sehr hoch, handelt es sich um ein ölsäurereiches Öl.
Je mehr Ölsäure das Öl enthält, desto stabiler und weniger ranzanfällig ist es.
Öle mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind durch den hohen Linolsäure- und Linolensäure-Gehalt zwar meistens sehr pflegend, erzeugen jedoch ziemlich weiche Seifen und sind außerdem in Kombination mit zu wenig einfach ungesättigten Fettsäuren ranzanfällig und deshalb mit Vorsicht zu dosieren.
Sie sollten am besten mit möglichst stabilen Fetten/Ölen kombiniert werden.
Ein Beispiel ist das Distelöl, dass durch seinen hohen Linolsäure-Anteil zwar sehr pflegend, jedoch auch extrem instabil ist, da es nur sehr wenig Ölsäure enthält. 
Zum Glück gibt es die beiden Schnellranzer Distelöl und auch Sonnenblumenöl in einigen Supermärkten in der ölsäurereichen Ausführung (high oleic) - fürs Seifensieden definitiv die sinnvollere Alternative. 😎

*Olivenöl stellt hier die große Ausnahme dar. Da es ein seifenhärtendes Öl ist, wird es zu den festen Fetten gezählt. Mit seinem sehr hohen Ölsäure-Anteil ist es außerdem eines der stabilsten Öle.
Da es in flüssiger Form daherkommt und sich beim Seifensieden wie ein flüssiges Fett verhält, behandele ich es in meinen Rezepten auch als solches. Dass es zusätzlich die Seife fester macht, ist ein schöner Bonus, den dieses Öl mitbringt. 😊
Seifen mit einem hohen Olivenölanteil brauchen allerdings ihre Zeit, um komplett auszuhärten.


Wer sich etwas unsicher ist bezüglich der Eigenschaften seiner Seife, kann sich die Werte (Härte, Reinigung, Pflege, Schaummenge und Schaumstabilität) in Kathrin's Seifenrechner oder auch im Soapcalc ausrechnen lassen. 😉

Erklärung der hier aufgeführten Eigenschaften

Diese Werte stellen keine absoluten Wahrheiten dar und können auch nicht die erworbenen Erfahrungswerte im Umgang mit den Fetten und Ölen bei der Planung eines Seifenrezeptes ersetzen, denn meistens ist die Zusammenstellung der Inhaltsstoffe vor allem eine Frage der persönlichen Vorlieben.
Sie bieten aber insbesondere Anfängern die Möglichkeit, die Eigenschaften der späteren Seife ungefähr einschätzen zu können.


Auflistung der gängigsten Öle und Fette

Im folgenden möchte ich Euch eine kurze Übersicht der am häufigsten verwendeten Öle und Fette geben. Die empfohlenen Einsatzmengen sind nur grobe Richtwerte und können natürlich variiert werden. 😉
Die Auswahl der Fette und Öle für die Seife hängen stark von persönlichen Vorlieben ab.
Mit der Zeit findet Ihr heraus, welche Fette/Öle Eurer Haut besonders gut tun. 💕

Ausführliche Öl-Profile findet Ihr auf Olionatura und die liebe Eva Gomez, eine sehr engagierte Seifensiederin und Gründerin der Facebook-Gruppe "Soaping News" hat der Seifensieder-Community freundlicherweise diese umfangreiche Datei über Fettsäuren und Fettsäurenprofile zur Verfügung gestellt. 

Flüssige Fette/Öle

Aprikosenkernöl: mildes Öl, erzeugt in zu hoher Dosierung aber weiche Seifen. 
Einsatz bis 20%.

Arganöl: feuchtigkeitsspendend und luxuriös. Einsatz bis 20%.

Avocadoöl: sehr pflegend, erzeugt mittelfeste Seifen. Einsatz bis 50%.

Distelöl (high oleic): angenehmes, leichtes Öl. Einsatz bis 50%.

Erdnussöl: ein schönes, recht stabiles Basisöl. Einsatz bis 30%.

Jojobaöl: ist eigentlich kein Öl, sondern ein flüssiges Wachs. Pflegt sehr gut. 
Es enthält viel unverseifbare Bestandteile, deshalb reichen kleine Einsatzmengen bis max. 10% (besser 5%) völlig aus.

Macadamianussöl: regenerierend, pflegend, erzeugt harte Seifen. Einsatz bis 30%.

Mandelöl: gut verträglich und pflegend, erzeugt mittelfeste Seifen. Einsatz bis 30%.

Pfirsichkernöl: mildes, hautberuhigendes Öl. Einsatz bis 30%.

Rapsöl: stabiles Basisöl, pflegend, erzeugt eher weiche Seifen. Einsatz bis 30%.

Reiskeimöl: sehr schönes universell einsetzbares Öl. In höheren Mengen wunderbar schaumunterstützend. Einsatz bis 40%.

Rizinusöl: aufgrund seines hohen Rizinolsäuregehaltes der ideale Schaumbooster in Verbindung mit einem Schaumfett. 
Einsatz bis 15% (in Haar-, Rasier- oder Salzseifen bis 25%).

Sesamöl: regenerierend, fantastisch pflegend, erzeugt eher weichere Seifen. Einsatz bis 20%.

Sonnenblumenöl (high oleic): sehr angenehm in der Seife. Einsatz bis 40%.

Schnellranzer:

Distelöl: leichtes, gut pflegendes Öl, erzeugt weiche Seifen. Einsatz bis 10%.

Hanföl: sehr wertvolles Pflegeöl, erzeugt weiche Seifen. Einsatz bis 10%.

Kürbiskernöl: ein schönes Öl für die Seife, verfärbt sie allerdings bräunlich und gibt leichten Eigengeruch an die Seife ab. Erzeugt weiche Seifen, die etwas länger zum Aushärten brauchen. Einsatz bis 10% (wird von vielen Seifensiedern aber auch gerne höher dosiert).

Leinöl: bringt keine nennenswerten Pflege-Eigenschaften mit und ist deshalb ein eher unbeliebtes Öl in der Seifensiederei. Einsatz bis 10%.

Maiskeimöl: ein preiswertes Basisöl, das aufgrund seines recht hohen Linolsäuregehaltes ein Schnellranzer-Wackelkandidat ist. Erzeugt einigermaßen feste Seifen. Einsatz bis 10% (manche Seifensieder gehen bis 30%).

Mohnsamenöl: ein hervorragend pflegendes Öl. Einsatz bis 20%.

Nachtkerzenöl: sehr hoher Pflegefaktor, erzeugt allerdings auch sehr weiche Seifen. Einsatz bis 5%.

Schwarzkümmelöl: entzündungshemmendes Öl, das keine große Hitze verträgt (Gelphase ggf. vermeiden). Einsatz bis 10%.

Sojaöl: hautberuhigend, pflegend, erzeugt weiche Seifen. Einsatz bis 10%.

Sonnenblumenöl: angenehm in der Seife, erzeugt aber sehr weiche Seifen. Einsatz bis 10%.

Traubenkernöl: sehr schön pflegend, feuchtigkeitsspendend, erzeugt weiche Seifen. 
Einsatz bis 10%.

Walnussöl: sehr gute Pflege, erzeugt weiche Seifen. Einsatz bis 10%.

Weizenkeimöl: vitaminreich und stark regenerierend, erzeugt weiche Seifen.
Einsatz bis 5%.

Wildrosenöl: aka Hagebuttenkernöl. Ein ausgesprochen gut pflegendes und luxuriöses Öl.
Einsatz bis 10%.


Feste Fette

Bienenwachs: zählt nicht im klassischen Sinne zu den festen Fetten, da es sich um ein Wachs handelt. Bienenwachs erzeugt harte und glatte Seifen, hemmt jedoch bei zu hoher Dosierung den Schaum der Seife und verursacht ein "stoppendes" Gefühl auf der Haut.
Bienenwachs ist als Seifenzutat weniger für Anfänger geeignet, da es aufgrund seines hohen Schmelzpunktes (ca. 61-65%) im Seifenleim anfangen kann zu stocken, wodurch er sich unter Umständen schwieriger verarbeiten lässt.
Einsatz 1-3%.

Cupuacu-Butter: sehr gute hautschützende Eigenschaften und Pflege, erzeugt feste Seifen. Einsatz bis 30%. 

Kakaobutter: angenehm in der Seife, erzeugt sehr harte Seifen. Einsatz bis 15%.

Mangobutter: gut pflegend und seifenhärtend, steht jedoch in Verdacht, den Seifenleim ab einer gewissen Einsatzmenge (>10%) schneller andicken zu lassen. Einsatz bis 20%.

Olivenöl: das ultimative Basis- und Allround-Öl in der Seifensiederei. 
Erzeugt pflegende, milde und harte Seifen. Einsatz bis 100%.

Palmöl: mild, pflegend, sehr gut reinigend. Erzeugt harte Seifen. Einsatz bis 40%.

Sheabutter: sehr gute Pflege, enthält viel Unverseifbares. Lässt den Seifenleim ab einer höheren Einsatzmenge (ca. >15%) ggf. schneller andicken. Einsatz bis 30%.

Schaumfette: 

Babassu-Öl: recht mildes Schaumfett, erzeugt üppigen Schaum und sehr harte Seifen. 
Einsatz bis 40%. 

Kokosöl: das am häufigsten verwendete Schaumfett, erzeugt sehr viel instabilen Schaum und harte Seifen. Kokosöl (vor allem raffiniertes Kokosfett) kann in hohen Mengen die Haut austrocknen, deshalb sollte es nicht höher als unbedingt nötig dosiert und möglichst in der hochwertigeren, nativen Variante verwendet werden. Einsatz bis 40% (besser aber nur bis 30%).

Lorbeeröl: aka "fettes" Lorbeeröl ist ein schwächeres Schaumfett, aber erzeugt in der ausreichenden Dosierung feinen Schaum. Es gibt einen starken krautigen Eigengeruch an die Seife ab und färbt sie grün (später braun). Einsatz bis 40%.

Murumurubutter: weniger bekanntes Schaumfett, feuchtigkeitsspendende Eigenschaften. 
Einsatz bis 40%.

Palmkernöl: mildes Schaumfett, erzeugt reichhaltigen, recht stabilen Schaum und harte Seifen. Einsatz bis 40%.

Anmerkungen:
im Allgemeinen empfiehlt sich für Schaumfette eine Einsatzmenge von 25-30% in normalen Seifen, da zuviel Schaumfett austrocknend auf die Haut wirken kann.
Da Salz ein Schaumhemmer ist, sollte die Schaumfettmenge in Salzseifen erhöht werden.



Öle und Fette im Seifenrezept

Die passende Kombination der Öle und Fette im Rezept wird Euch spätestens am Waschbecken, wenn Ihr das Seiflein zum ersten Mal aufschäumt, viel Freude bereiten. 😍
Wenn Ihr ranzanfällige mit stabilen Ölen ausgleicht, weichmachende mit seifenhärtenden Ölen kombiniert und ausreichend Pflege und Schaum mit einkalkuliert, ist das schon mehr als die halbe Miete auf dem Weg zur gelungenen Seife. 😊

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass bei der Wahl der Öle und Fette "weniger oft mehr" ist und es für ein ausgewogenes Rezept keine Unmengen an verschiedenen Zutaten braucht.
4-6 Öle/Fette in der Gesamtfettmenge sind meist völlig ausreichend, während Zusätze wie zum Beispiel Stärke, Salz, Honig etc. von dieser kleinen "Faustregel" nicht betroffen sind und zusätzlich nach Belieben (und "Sinnhaftigkeit" 😉) und in der entsprechenden Dosierung eingesetzt werden können.

Einsatzmengen der Öle/Fette unter 10% (Schnellranzer und spezielle Zutaten wie z.B. Bienenwachs, Lanolin und Jojobaöl ausgenommen) machen sich in der Seife kaum bemerkbar, deshalb würden z.B. gut gemeinte 7% Olivenöl in einem Rezept eher wenig Sinn ergeben, wenn man von den schönen Eigenschaften des Öls in der Seife profitieren möchte. 😊

Eine beliebte Zusammenstellung beim Seifensieden ist das sogenannte "25er Rezept".
Im Original setzt es sich aus jeweils 25% Olivenöl, Rapsöl, Kokosöl und Palmöl zusammen, die Öle/Fette sind aber austauschbar.

25er Rezept

Das ebenfalls bekannte "33er Rezept" besteht ursprünglich aus 34% Olivenöl, 33% Rapsöl und 33% Kokosöl, lässt sich jedoch ebenfalls gut abwandeln.

33er Rezept

Ein weiteres "Rezept-Gerüst" könnte so aussehen...

Rezept-Gerüst

Als Anfänger könnt Ihr mit Kathrin's Seifen-Designer das Zusammenstellen erster eigener Rezepte üben, falls Ihr noch etwas unsicher seid. 😊

Die Eigenschaften Eurer Seife lassen sich übrigens durch Zusätze wie z.B. Milch, Zucker, Salz, Seide und diverse kleine Schaumhelferlein hervorragend unterstützen. 😉
Auch die Flüssigkeitsmenge und/oder die Beigabe von Natriumlaktat haben Einfluss auf die Härte der Seife.




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