Kleiner Seifen-Crashkurs: Natriumlaktat & Milchsäure



Es gibt wohl kaum einen Seifensieder, der die Situation nicht kennt:
Die Seife ist fertig gesiedet und schlafengelegt, die Küche wieder piccobello, man gibt sich entspannt und genussvoll der Vorfreude aufs Ausformen hin, springt am nächsten Tag beim ersten Weckerklingeln wie ein junges Reh aus dem Bett, geht freudig-vorsichtig nachschauen, ob das Seifenküken schon bereit zum Schlüpfen ist und...
...sie ist noch viel zu weich! 😒
Auch zwei Stunden später noch und 5 Stunden später, sogar am nächsten und übernächsten Tag noch und wenn man sich auf den Kopf stellt immer noch... - und spätestens am dritten Tag verliert man die Nerven, versucht sie mit Gewalt aus der Form zu pressen und steht am Ende mit unschön zerdötschten Seifenstücken da.
Der Ärger (vor allem über die eigene Ungeduld) ist dann meistens groß und trotzdem passiert es jedem irgendwann und in den meisten Fällen nicht nur einmal - es sei denn, man ist mit buddhistischer Geduld und immenser innerer Ruhe gesegnet oder schon so erfahren im Seifensieder-Geschehen, dass man dem Ausformen gelassener entgegen blickt und der Seife ihre Zeit in der Form gönnen kann - auch wenn es eine ganze Woche oder sogar länger dauert - ohne dass es einen (oder die Seife 😜) gleich zerreißt. 😅

Wie schnell eine Seife aushärtet, hängt in erster Linie von der Zusammenstellung der Fette und Öle im Seifenrezept ab, aber auch die Wassermenge und Gelphase tragen dazu bei.
Besonders bei Milky Way- und anderen Plastik-Formen haben nicht wenige Sieder Schwierigkeiten, die Seife unbeschadet auszuformen - deshalb ist hier grundsätzlich ein Rezept aus genügend seifenhärtenden Ölen/Fetten und eine Wasserreduktion ratsam. Weitere Maßnahmen für härtere Seifen sind Salz im Wasser für die Lauge oder Sole als Laugenflüssigkeit.

Für die besonders hartnäckigen Fälle, bei denen rezeptabhängig schon absehbar ist, dass selbst einfrieren nichts bringen wird und für alle, die mit dem Ausformen nicht zu lange warten wollen (oder können 😉), bietet der Zusatz Natriumlaktat eine willkommene Hilfe.
Hierbei handelt es sich um das Natriumsalz der Milchsäure und ein Feuchthaltemittel, das vor allem in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie verwendet wird.
In kaltgerührten Seifen sorgt es für ein schnelleres Aushärten und eine deutlich verbesserte Ausformbarkeit.
(Im Falle einer Zugabe nach der Heißverseifung hat es zudem die positive Eigenschaft, zusammen mit den Überfettungsölen und flüssigen Zusätzen die für eine HP typischerweise recht zähe Seifenmasse wieder geschmeidiger und fließfähiger zu machen.
 Die in diesem Beitrag aufgeführten Hinweise zu Dosierung und Verarbeitung beziehen sich jedoch auf CP-Seifen.)

Durch die Reaktion von Milchsäure und NaOH entsteht Natriumlaktat - das bedeutet, dass wir den gewünschten härtenden Effekt alternativ auch durch die Verwendung von Milchsäure erreichen können.


Natriumlaktat: Dosierung und Verarbeitung

Das Natriumlaktat (60%ig) wird in der Seife mit 1-1,5% (maximal 2%) bezogen auf die GFM dosiert und kann auf verschiedene Weisen verarbeitet werden.

Viele Seifensieder pürieren das Natriumlaktat vor Hinzugabe der Lauge in die flüssigen Fette ein und arbeiten dann wie gewohnt weiter, andere geben es direkt zum leicht emulgierten Seifenleim.
In der dritten Variante wird das Natriumlaktat in die angerührte und bereits abgekühlte Lauge eingerührt, bevor diese zu den geschmolzenen Fetten/Ölen kommt.

Natriumlaktat muss nicht im Seifenrechner mitberechnet werden.

Milchsäure: Dosierung und Verarbeitung

Die Milchsäure (80%ig) wird mit 1-3% (maximal 4%) bezogen auf die GFM dosiert und vor Hinzugabe des NaOH ins gut gekühlte Wasser für die Lauge eingerührt.

Ähnlich wie bei der Verwendung von Essig als Laugenflüssigkeit oder Zitronensäure ist beim Anrühren der Lauge Vorsicht geboten, da das Aufeinandertreffen von Säure und NaOH bisweilen heftige Reaktionen hervorrufen kann. 

Da die Säure einen Teil der Lauge neutralisiert, sollte die Milchsäure im Seifenrechner mitberechnet werden (es gibt dort unter dem Punkt "Sonstiges" ein extra Eingabefeld für Säuren 😉).


Bei einer Überdosierung von Natriumlaktat/Milchsäure wird die Seife bröckelig und es gibt Berichte über eine unschöne, "künstliche" Haptik - deshalb gilt hier definitiv die Devise "weniger ist mehr". 😊
Viele Seifensieder beklagen außerdem ein vermehrtes Auftreten von Sodaasche auf Seifen, die Natriumlaktat oder Milchsäure enthalten.



Quellen:  

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