Erfahrungsbericht: Naturfarben



Neben der Freude, die das Seifensieden bringt und dem Wunsch, seiner Haut etwas Gutes zu tun, ist dieses Hobby für viele Seifensieder ein Schritt zurück zur Natur, zur Entschleunigung und zum Ursprünglichen - weg von künstlichen, undurchsichtigen Inhaltsstoffen, Plastikverpackungen und Massenware.
Viele Seifensieder (ich zähle mich dazu 😉) legen den Begriff "Naturseife" eher frei aus und drücken ein Auge zu, wenn es um synthetische Parfümöle und künstliche Farbpigmente in der Seife geht, andere wiederum legen besonders viel Wert auf 100% natürliche Inhaltsstoffe, beduften ihre Seifen konsequent mit ätherischen Ölen und färben sie ausschließlich mit natürlichen Mitteln.
Eines haben diese Seifen fast alle gemeinsam: Sie sind schön!
Naturfarben sind nämlich einfach immer etwas ganz besonderes. 😍
Ich als bekennender Farbmuffel bewundere das sehr und mit großem Respekt, bin ich doch meistens zu faul, um mir eingehend Gedanken über die Farbe meiner Seife zu machen und nebenbei noch total unbedarft, wenn es ans Kreieren ätherischer Duftmischungen geht. 🙈

Bisher habe ich die mit Naturfarben gefärbten Seifen in den Seifenforen und Blogs immer nur aus der Ferne angeschmachtet und allerhöchstens mal ein bisschen Sanddornfruchtfleischöl, Kakaopulver, Aktivkohle, Löwenzahn- und Ringelblumenblütenblätter oder Spinatpulver zum Färben eingesetzt
- deshalb zähle ich mich definitiv nicht zu den Pflanzenfärber-Profis und bitte Euch, diesen Blogbeitrag als Anfänger-Erfahrungsbericht und nicht als Tutorial zu verstehen. 😉
Ob ich bei meinen Farbspielereien alles richtig gemacht habe, weiß ich nämlich nicht...
- nun ja, immerhin sind am Ende bunte Seifen dabei herausgekommen. 😊😂


Allgemeines und Verarbeitung

  • der einfachste Weg, eine Seife mit natürlichen Mitteln zu färben, ist der Einsatz entsprechender farbiger Öle im Seifenrezept. So bringen zum Beispiel grünes, unraffiniertes Avocadoöl und auch fettes Lorbeeröl herrlich grüne Seifen hervor (im Laufe der Zeit verändert sich die Farbe der Lorbeeröl-Seifen etwas ins Bräunliche), natives Olivenöl verursacht eine hellgelbe (manchmal leicht grünstichige) Farbe, Kürbiskernöl schafft braune Seifen, Sanddornfruchtfleischöl, rotes Palmöl und Buritiöl färben die Seife gelb-orange usw. 
  • frische, in den flüssigen im Seifenrezept enthaltenen Ölen oder auch direkt im Seifenleim pürierte Pflanzenteile (z.B. Löwenzahnblütenblätter, Ringelblumenblütenblätter, Brennessel, Kapuzinerkresseblätter- und blüten, Petersilie) sorgen für eine schöne Färbung der Seife inklusive süßer, kleiner Sprenkel. Auch getrocknete in Öl mazerierte Pflanzenteile geben Farbe an das Öl und somit auch an die Seife ab. 
  • Durch Sole als Laugenflüssigkeit könnt Ihr (abhängig von den Farben der im Rezept verwendeten Öle) sehr helle und sogar schneeweiße Seifen erzielen. Kaffee färbt die Seife braun, ungesüsster Karottensaft gelb und ein starker Blutwurz-Tee zum Anrühren der Lauge bringt einen fantastischen Schokobraun-Ton hervor (vorausgesetzt, die Seife durchläuft eine Gelphase). Hagebuttentee soll die Seife rosa-rot färben. Bei Verwendung von Tee oder Kaffee als Laugenflüssigkeit sollte dieser am Vortag mit destilliertem Wasser zubereitet und gut gekühlt zum Anrühren der Lauge verwendet werden. Auch Karottensaft verwendet Ihr am besten kühl. Die Farbe der Lauge kann während des Anrührens die verrücktesten Nuancen durchlaufen und auch der Geruch ist gelinde gesagt oft gewöhnungsbedürftig. 😜
  • Verschiedene Tonerden sorgen für stabile und (je nach Dosierung) wunderbar pastellige Farbtöne in der Seife. Die Pulver werden in einem Schlückchen destilliertem Wasser eingerührt und gründlich mit dem emulgierten Seifenleim vermischt. Für einfarbige Seifenblöcke kann die Erde auch vor Hinzugabe der Lauge in die flüssigen Fette einpüriert werden. Bei manchen im Handel erhältlichen Tonerden wird etwas geschummelt und durch zusätzliches Färben nachgeholfen. So gibt es zum Beispiel keine echte blaue Tonerde. 
  • Schwarze Seifen könnt Ihr z.B. durch Verwendung von Aktivkohle-Pulver erzielen. Das Pulver sollte in etwas Öl angerührt werden, damit es sich gleichmäßiger im Seifenleim verteilen lässt und sehr sparsam dosiert werden, da es die Seife schnell ausbluten lässt und gräulichen Schaum produziert. Eine schöne Alternative ist Shungit-Pulver. 
  • Frisches Obst und Gemüse als Seifenzutat hat oft ebenfalls einen Effekt auf die Farbe Eurer Seifenkreationen. Pürierte Gurke als Zugabe zum Seifenleim sorgt für ein zartes grün-gelb, Avocado färbt grün-bräunlich und Banane gibt der Seife einen hellbraun-gelblichen Farbton mit winzigen dunklen Sprenkeln. Tomatenmark, pürierter Sanddorn, Kürbis und Karottenbrei können ebenfalls zum Färben verwendet werden. Bei Verwendung dieser Zutaten sollte die Wassermenge zum Anrühren der Lauge um das Gewicht des Fruchtfleischs reduziert werden, damit die Seife später nicht aufgrund von zuviel Flüssigkeit zu weich bleibt (näheres zur Wasserreduktion könnt Ihr hier nachlesen 😉).  
  • diverse Pflanzen- und Gewürzpulver (z.B. Paprika, Annattosamen, Spirulina, Kurkuma) bringen eine große Vielfalt in die Naturfarben-Palette. Sie können theoretisch direkt in Pulverform im Seifenleim verrührt werden - um jedoch Klümpchenbildung zu vermindern, ist es einfacher, sie zuvor in etwas Öl anzurühren. Oftmals hinterlässt das Pulver in der Seife kleine Pünktchen. Wer eine gleichmäßigere Färbung bevorzugt, kann einen Ölauszug des jeweiligen Farbpulvers in einem der für die Seife eingeplanten Öle ansetzen und das so gefärbte, abgefilterte Öl als Teil der Gesamtfettmenge mit einer Einsatzmenge von ungefähr 10-30% in der Seife verarbeiten. Vor allem bei Verwendung von Alkannawurzel wird ein Ölauszug empfohlen und auch Indigo wird gründlich in etwas Öl gelöst, um sich besser in die Seife einarbeiten zu lassen. Kakaopulver (Back-Kakao ohne Zucker) sollte sehr sparsam dosiert und zur einfacheren Verarbeitung ebenfalls in etwas Öl angerührt werden. Anscheinend lassen sich einige Farbpulver auch über die Lauge verarbeiten. Hierfür wird das Pulver tags zuvor im abgewogenen Wasser für die Lauge eingeweicht. Das Wasser wird (falls nötig) gesiebt und schließlich wie gewohnt zum Anrühren der Lauge verwendet. Da ich diese Vorgehensweise nicht getestet habe, kann ich leider nicht sagen, welche Farben sich hierfür besonders gut eignen.

    • im Allgemeinen gelten Naturfarben als ziemlich unberechenbar, d.h. es gibt keine Garantie darauf, dass der Farbton am Ende genauso wird wie man ihn sich vielleicht erhofft oder vorgestellt hat. 😅 Die Entwicklung der Farbe wird durch die unterschiedlichsten Faktoren mitbeeinflusst (z.B. Dosierung, Farben der im Rezept verwendeten Öle, Temperatur, Gelphase, PH-Wert, Duft...), aber wahrscheinlich machen gerade diese Unwägbarkeiten das Arbeiten mit Naturfarben so spannend. 💕
    • für die meisten Naturfarben wird eine Gelphase sehr empfohlen, damit die Farben kräftiger herauskommen - in manchen Fällen entwickelt sich der letztendliche Farbton aber auch erst mit der Reifezeit. 
    • die allermeisten Naturfarben sind leider nicht lichtecht. Das bedeutet, dass sie mit der Zeit mehr oder weniger stark ausbleichen und deshalb auf jeden Fall dunkel gelagert werden sollten. Tonerden sind hier die Ausnahme und recht farbstabil. 
    • auch, wenn es so schön wäre, so eignen sich leider nicht alle natürlichen Farbtöne zum Färben unserer Seifen. So sind zum Beispiel Rote Beete und auch Holunder nicht laugenstabil und werden in der Seife braun. Dies gilt gleichermaßen für die meisten Blüten (z.B. Rosenblüten, Lavendel, Hibiskus, Flieder). 

    Im folgenden seht Ihr eine kurze Übersicht der von mir getesteten Farben:


    Meine Vorgehensweise

    Als ausgewiesene Pingelliese und in dem Bestreben, glatte, pünktchenfreie Seifen herzustellen, habe ich mich in den meisten Fällen für einen Ölauszug der für den Test auserkorenen Farbpulver entschieden.


    Hierfür wurden jeweils 2 Teelöffel des Pulvers in kleinen Einmachgläschen mit ungefähr 20g Sonnenblumenöl ho übergossen.
    Einzig Indigo, Drachenblut und Färberwaid habe ich deutlich geringer dosiert (es müssen so ca. 1-2 großzügige Messerspitzen gewesen sein) und hier auch weniger Öl verwendet.

    Die Mazerate habe ich ungefähr 3 Wochen stehengelassen, täglich umgerührt und etwa nach der Hälfte der Zeit einen ausgiebigen Warmauszug über mehrere Stunden im Wasserbad dazwischengeschoben, um auch wirklich alles an Farbpower aus den Pülverchen herauszuholen.
    Die Dosierung und auch Vorgehensweise sind zugegebenermaßen etwas drastisch, aber da ich die Farböle nicht als Teil der Gesamtfettmenge, sondern in kleineren Einsatzmengen als reines Färbemittel für den abgeteilten Seifenleim nutzen wollte, musste ich einfach ausprobieren, wieviel Farbe sich auf das Öl übertragen lässt. 😅


    Auf diese Weise sind ein paar knallbunte Mini-Mazerate entstanden, die mir schon beim täglichen Umrühren soviel Freude gemacht haben, dass meine "Farb-Faulheit" auf einmal wie weggeblasen schien.
    Mein Freund hatte für mein begeistertes Hantieren mit den Gläschen nur ein etwas mitleidiges Kopfschütteln übrig und ich musste ihm mehrmals erklären, dass die kleinen Power-Mazerate was ganz tolles sind und überhaupt... - manchmal fühlt man sich als Seifensieder schon echt unverstanden. 😅🙈😂


    Nach einem kläglichen und sehr, sehr langwierigen Versuch, die Mazerate zu filtern, gab es eine kleine Planänderung - ich hab das mühselige Filtern letztendlich aufgegeben und darauf gesetzt, dass das Pulver sich am Tag des Siedens (so wie an jedem Tag) auf dem Boden der Gläschen absetzen und das Öl sich von oben abschöpfen lassen würde, ohne dass zuviele größere Partikelchen des Farbpulvers in der Seife landen.


    Gesagt, getan. Nun ja, zumindest beinahe. 😂

    Um die Farben möglichst unverfälscht beobachten zu können, hatte ich mich für ein Rezept aus sehr hellen Ölen und ohne Duft entschieden. Die ungefärbte Seife ist dann auch reinweiß geworden. 😊

    Verseift habe ich Sonnenblumenöl ho, Traubenkernöl, Rizinusöl, Kokosöl nativ und Sheabutter mit einer Wassermenge von 27% (bezogen auf die GFM) und einer Überfettung von 10%.

    Durch die Hinzugabe des zusätzlichen Öls ist die Überfettung der fertigen Seife natürlich nicht mehr exakt bestimmbar.
    Korrekterweise hätte ich die insgesamt zum Färben verwendete Ölmenge vom im Rezept enthaltenen Sonnenblumenöl abziehen und demzufolge die Farbmazerate gleichmäßig auf die Seifen-Partitionen aufteilen müssen, aber da ich spontan und auf Sicht entscheiden wollte, wieviel Öl ich zum Färben verwende und außerdem nichts gegen höhere Überfettungen habe, wurde diese Ungenauigkeit einfach mal lässig in Kauf genommen. 😎😁


    Nach dem Anrühren des Seifenleims habe ich diesen in kleine Portionen á ca. 100g aufgeteilt und jeweils 2-3TL des gefärbten Mazerats eingerührt.
    Bei einigen Farben ist es mir gelungen, das Öl pflanzenpulverfrei im Seifenleim zu verrühren, bei anderen nicht und bei manchen habe ich wohl aus reiner Gewohnheit versehentlich doch alles umgerührt, bevor ich es (nun inklusive des Pulvers) in den Leim gegeben habe 😂.
    Ich neige ja dazu, mich etwas in die Dinge zu verbeißen und wenn ich eine Seife ohne Pünktchen will, dann will ich eine Seife ohne Pünktchen, aber unter uns gesagt ist das natürlich völliger Blödsinn, vor allem, wenn es darum geht, handgemachte und möglichst natürliche Seifen herzustellen (mit der Betonung auf "handgemacht"! 😂🙈🙈).
    Wie war das noch mit dem Wunsch nach rustikalen Seifen und dem eigenen Perfektionismus, der da irgendwo im Weg steht?... 😜


    Pünktchen hin oder her - am Ende hat die fertige Seife meine Erwartungen und kühnsten Hoffnungen um Längen übertroffen.  💕
    Ich glaube, sie hat noch nicht einmal wirklich doll gegelt (ich musste nach dem Sieden leider zur Arbeit und konnte sie nicht beobachten 🙈) und wahrscheinlich habe ich die Farben teilweise überdosiert (ob die Seifenstücke ausbluten, habe ich noch nicht getestet), zudem war sie nach zwei Tagen noch recht weich und nur durch Einfrieren aus der Form zu bewegen (das wird wohl u.a. am Extra-Öl gelegen haben), aber sie scheint das zusätzliche Öl gut weggesteckt zu haben, fühlt sich nicht ölig an und wird täglich spürbar härter. 😊

    Die Farbergebnisse sind für mich teilweise wirklich überraschend.
    Wusstet Ihr, dass rotes Sandelholz anscheinend dunkellila wird?
    Das Kurkuma sieht zwar eher aus wie schonmal gegessen, aber dafür ist die Krappwurzel doch wohl der Ober-Hammer, oder? 😉


    Allen, die schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben, Naturfarben in der Seife zu testen und sich bisher noch nicht so recht überwinden konnten, kann ich nur sagen: Probiert es aus! 😍


    Okay, es ist aufwendiger und unberechenbarer als das Pigment-Tütchen aufzureissen und so wie ich mich kenne, werde ich auf meine umakeitup-Farben wohl nie so ganz verzichten können, aber die Testerei der natürlichen Farbstoffe hat mir wahnsinnig viel Spaß und die Seifen zu etwas ganz Besonderem gemacht. 😊


    Übrigens wurde mein Anfix-Level während der Wochen, die ich auf die Mazerate warten musste, permanent durch Dandelion´s fantastische Naturfarben-Testreihen befeuert. 💕
    Ihre Farbkompositionen sind wirklich phänomenal!

    Wer sich für die hinter der Farbentwicklung liegende Chemie interessiert, kann dies ganz vorzüglich und umfassend in Petra Neumann´s Buch "Seife sieden" nachlesen. 😉

    Die in meinem Test verwendeten Farbpulver habe ich mir größtenteils bei Manske, beim Hinterauer Stübener Kräutergarten und im Pflanzenfärbershop zusammenbestellt.
    Die Pulver sind sehr ergiebig - da lässt sich also noch viel Seife mit färben. 😁


    Nachtrag vom 1.12.2018
    Einige Wochen später und nach stockdunkler Lagerung haben die Seifen erfreulicherweise (noch) nichts von ihrer Farbkraft verloren. 😊
    Ich werde sie weiterhin im Auge behalten und Euch, falls ich es schaffe, sie in Ruhe zu lassen, in einigen Monaten wieder berichten, ob und wie die Farben sich verändert haben. 😉



    Nachtrag vom 13.7.2019
    9 Monate später...
    Fast hätte ich die Seifen in ihrem dunklen Verlies vergessen. 😅🙈
    Sie sind mittlerweile teilweise etwas fleckig und angelaufen, aber die meisten Farben haben sich in absoluter Dunkelheit erstaunlich gut gehalten. Nur der Spinat schwächelt etwas. 😜


     
    Nachtrag vom 14.1.2021
    Die Seife ist jetzt sage und schreibe 2 Jahre und 3 Monate alt und die meisten Farben haben sich in der Dunkelheit erstaunlich gut gehalten. Spinat und Sanddorn haben am meisten Farbe verloren und dem Kurkuma kann ich immer noch nichts abgewinnen. 😂 
     
     



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